Achim und Marion Roloff
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                                                                                                    Rheinfelden, den 2. 1. 2oo2

Hallo, liebe Verwandte, Freunde, Bekannte......

Wir hoffen, Ihr hattet schöne Weihnachtsfesttage und wünschen Euch allen Gottes Segen und alles Gute für das Jahr 2oo2.

Da ich mich dieses Jahr zu Weihnachten besonders gestresst habe - später mehr darüber - ist nicht eine einzige Weihnachtskarte von uns aus auf Reisen gegangen. Um so mehr habe ich mir vorgenommen, mich mit dem Rundbrief zu beeilen, der ja anscheinend hier und da schon freudig erwartet wird, wie ich aus Euren Weihnachtsbriefen ersehe.

Also 2oo1....Uh! Weltpolitisch: schrecklich, beängstigend, grauenhaft...

Aber bei uns in der Familie? Eigentlich war gar nichts Besonderes los, ein vom Gefühl her ziemlich gleichförmiges Jahr - habe ich gedacht. Zuerst musste ich sogar die Agenda hervornehmen, um eine Erinnerungshilfe zu haben!!! Wie gut ich doch im Verdrängen bin!

Aber wie immer, wenn man sich ganz auf etwas einlässt, tut sich so einiges... Oh, da war ja doch so manches los! Je mehr ich mich nun in die vergangenen 12 Monate vertiefe, desto mehr Erinnerungen und Gefühle kommen hoch, abgesehen von den konkreten Ereignissen. Mal sehen, wie sich das in Bahnen lenken lässt.

Ende und Anfang

Für Karin Fleischmann, Frau von Achims Cousin Reinhard ist das Leben im November zu Ende gegangen. Wir sind sehr, sehr traurig. Sie hat so tapfer gegen den Krebs angekämpft. Karin war die gute Seele und die Quelle von unglaublich viel Herzlichkeit, Spontanität und quirliger Lebenslust auf allen Familientreffen und mir graut davor, dass sie das nächste Mal nur noch in unseren Gedanken und in der Erinnerung dabei sein wird. Zu ihrer Beerdigungsstunde habe ich mit Sara hier in der Kirche gesessen - wir konnten nicht nach Remscheid - und eine Kerze für Karin angezündet. Sara hat unter Tränen erzählt, wie herzlich Karin sie beim letzten Treffen in die Arme genommen und gedrückt hat und was sie Liebes gesagt hat. Dann haben wir uns angesehen und mussten trotz Trauer lächeln und sagen:

Na, jetzt kommt Stimmung in den Himmel! Jetzt ist da was los!! Und plötzlich hatten wir all unsere Lieben, die in den vergangenen Jahren gestorben sind, vor Augen und mitten drin die energiegeladene, strahlende, vor Freude überschäumende Karin, und da konnten wir beruhigt loslassen. Nun hoffen wir, dass Reinhard mit der Zeit auf Verwandtentour geht und wir noch viel Schönes mit ihm erleben. Achim und mir hat auch sehr ein hochinteressanter Diskussionsabend in unserer kath. Gemeinde geholfen zum Thema „Sterben und danach...?“, der gerade in Karins Todeswoche organisiert wurde und sehr viel Anklang fand.

Für 4 Winzlinge in unserem Umfeld hat das Leben dieses Jahr begonnen. Am 14.6., als ich gerade die erste mündliche Prüfung in meinem Glaubenskurs hatte, brachte Ines den Dominik zur Welt, am 20.9., als ich gerade die zweite hatte, brachte Brigitte die Hannah zur Welt, ...was passiert wohl, wenn ich Ende Januar meine dritte habe??? Ausserdem kam in meiner Familie der Tom Schulter zur Welt. Er hat uns den Gefallen getan, Anfang August geboren zu werden, so dass wir die letzten Tage der Sommerferien nutzen konnten ins Ruhrgebiet zu düsen, um ihn, 6 Tage alt, zu knuddeln. Inzwischen ist er schon sehr aktiv, sieht mit Weihnachtsmannmütze auf dem Internetphoto total keck aus und hält mit Schwesterchen Stefanie die Eltern Andreas und Dörte auf Trab.

Martin und Brigitte Wiedmers kleine Hannah, (20.9.) im Oktober im Arm halten zu dürfen, habe ich sehr genossen. So ein friedliches Baby!

Unser Pastoralassistent Ralf Binder und seine Frau Rosa haben auch eine Hanna, aber ohne h bekommen. Die kleine Hanna Binder hat mir schon soooo geholfen, allein durch die Tatsache, dass sie auf der Welt ist. Sie ist nämlich am 9.9. geboren.

Am 11.September haben Sara, Jan und ich durch einen Zufall die Horrorbilder aus New York life miterlebt. Das Entsetzen, die Angst vor einer Weltkriegslawine, dieses Irreal-Gefühl...!, denn draussen zwitscherten die Vögel, die Sonne schien, Wind rauschte friedlich in den Bäumen. Den ganzen Nachmittag klebten wir an der Mattscheibe und den Lippen der CNN Reporter in jener beängstigenden Mischung aus abgrundtiefem Entsetzen und gleichzeitiger Faszination. Abends, als ich emotional total ausgelaugt war, wurde mir mit Schrecken klar, dass ich am nächsten Morgen Reli-Stunden vor mir hatte. Auf der Suche nach ein bisschen Trost und Ablenkung sah ich meine E Mail Post durch.

Ein Gruss von Ralf und Rosa Binder!? Ich öffne das Attachment und da erscheint Streifen für Streifen auf dem Bildschirm die neugeborene Hanna, die unter dem Bild ganz lustig von ihrer Geburt in einer Badewanne im Spital und von der Freude ihrer Eltern und der Zufriedenheit des Arztes erzählt. Einfach zu herzig, wie sie da so vertrauensvoll liegt und schläft .

Mir wurde ganz warm ums Herz! Das Bild habe ich mir ausgedruckt und am nächsten Morgen in die Schule mitgenommen.

Der Morgen war schlimm. Die verängstigten Kinder! Viele mit Tränen in den Augen. Wir haben viel gebetet, erzählt, gemalt und als die Kinder ihre eigenen Ängste „ausgespuckt“ hatten, habe ich ihnen die kleine Hanna in die Kreismitte gelegt und da leuchtete es wieder auf in den Augen, da gab es Staunen und Hoffen und eine Flut von guten Wünschen, die die Kinder dem Baby mit auf den Weg geben wollten. Erleichtert habe ich die wieder fröhliche Bande am Ende der Stunde entlassen können, nur um den nächsten verweinten Haufen in Empfang zu nehmen. Und das vier mal hintereinander an diesem Morgen!! Ich habe mich intensiv nach einer Seelsorge- Notfallstation für gestresste Reli-Lehrer gesehnt! Was aber hätte ich nur ohne die kleine Hanna gemacht!!!

So, Pause, jetzt führt Euch erst mal zu Gemüte, was den Rest der Familie alles beschäftigt hat!

 

Für Achim (53) verlief das Jahr 2001 wenigstens etwas ruhiger als das letzte. Die Zeit der ganz grossen Veränderungen in der Firma war vorbei, aber viel war noch zu tun, um aus der ehemaligen Ciba Division die eigenständige Firma Vantico zu machen. Eine gewisse Routine kam durch die monatlichen Konzernleitungssitzungen in Luxembourg und die häufigen Besuche in meinem Londoner Büro. Ganz zu Anfang des Jahres hatten wir Schwierigkeiten mit den Behörden und Rechtsanwälten bei der Abspaltung in Indien, was mir zwei Besuche in Bombay bescherte. Schöner war da schon, anlässlich der Aufsichtsratssitzungen in Japan Tim besuchen zu können. Im März fand dann erstmals eine Generalversammlung der Konzerngesellschaft in Ägypten statt. Das gab mir Gelegenheit, die grossartigen Pyramiden ganz aus der Nähe betrachten zu können und einen Rundgang durch das Ägyptische Museum in Kairo zu machen. Das Museum ist zwar so vollgestopft mit Altertümern, dass man sehr leicht den Überblick verliert, aber Tutenchamun ist ein besonderer Raum gewidmet, so dass wenigstens seine Totenmaske einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Bei allem Reisen und Arbeiten kam das Golf Spiel zwar etwas zu kurz, aber ich hatte doch hin und wieder bei Ferientagen in Crans- Montana die Gelegenheit, eine Runde zu spielen. Gelegentliche Besuche der Driving Range in Rheinfelden sorgen zusätzlich für spärlichen körperlichen Ausgleich.

Der ist eigentlich nötig, da im Geschäft immer noch viel zu tun ist und bei den immerwährenden Veränderungen es schwer ist, eine Art Routine aufzubauen. Dieses Jahr brachte uns im August einen neuen Chef der Konzernleitung, die Pensionierung eines Kollegen aus dem ursprünglichen Fünferteam im September und die Kündigungen von zwei weiteren meiner Kollegen auf Ende des Jahres. So bin ich nun der einzige aus der ursprünglichen Mannschaft, der an der Spitze noch übrig ist, und fühle mich doch zeitweise etwas einsam. Das neue Team scheint zwar gut zu funktionieren, aber vieles muss ich den „Neuen“ doch erklären, um zu verhindern, dass das Rad neu erfunden wird. Da das momentane wirtschaftliche Umfeld das Leben auch nicht unbedingt einfacher macht, sind wohl auch 2002 noch einige Hürden zu überwinden. Es ist daher gut zu wissen, dass man sich auf gute alte Kollegen 100% verlassen und auf deren Hilfe bauen kann. Wir durften das im vergangenen Jahr privat sogar gleich zweimal erfahren. Zuerst im Juli in Japan, als wir Tim besucht haben, und mein langjähriger Kollege Toshio Adachi für uns ein Super-Gartenfest inklusive Feuerwerk arrangiert hat. Im Oktober in Dubai hat uns dann Kamal Khiani nach Strich und Faden verwöhnt. Wir haben in den zwei Tagen Dubai mehr gesehen, als mancher Tourist in zwei Wochen. Khianis hatten einen minutiösen Plan ausgearbeitet, in den sie alles hineingepackt haben, was Dubai und Umgebung zu bieten hat. Wir haben das Dubai Museum besichtigt, eine Stadtrundfahrt gemacht, den legendären Gold Souk besucht, wo ich leider nicht umhin kam, meinen Damen je ein Erinnerungsstück zu kaufen..., die Freihandelszone inklusive Kontrollzentrum für die Schifffahrt und natürlich dem Vantico Gebäude gesehen, haben eine Wüstenfahrt im Jeep gemacht, eine Kamelfarm besucht, im Beduinenzelt gegessen und einer Bauchtanzvorführung zugeschaut. Sara und Marion haben sich die Hände mit Henna verzieren lassen, Wasserpfeife geraucht und Sara ist sogar mit dem Snowboard die Dünen hinuntergefahren. Wir haben mit dem Schweizer Botschafter und einem arabischen Scheich und seiner Frau zu Abend gegessen und über die Swissairkrise, sowie den drohenden Krieg in Afghanistan diskutiert. Wir waren in Abu Dhabi und haben im Golf Club von Abu Dhabi zu Mittag gegessen (das Gebäude ist ein architektonisches Kabinettstück in Form eines Falken, der auf einem Golfball sitzt, ganz zu schweigen von der puren Existenz eines Golfplatzes mitten in der Wüste mit grünsten Fairways und jeder Menge Wasserhindernissen) – nur schade - zum Spielen war keine Zeit. Stellt euch vor, das war, dank Kamal, in groben Zügen das Programm der ersten beiden Ferientage im Herbst! Ich hoffe, wir können mit der Zeit noch einige weitere Ecken dieser Welt entdecken und dabei ähnlich interessante Bekanntschaften machen und Erlebnisse haben. Mal sehen, was 2002 so mit sich bringt.

 

Tim-Christoph (25)

2001 war wohl eines der interessantesten und aufregendsten Jahre meines Lebens. Weihnachten und Neujahr habe ich noch in Rheinfelden bzw. Crans-Montana verbracht und dann meine Koffer mit den zwanzig wichtigsten Kilos meiner Habe gepackt – die 20 kg waren da plötzlich fast nichts!!! Am 17. Januar ging es dann gen Kyoto, wo ich meine Diplomarbeit über „Expression analysis of potentially co-regulated genes in Synechocystis sp.“ schreiben sollte. Es war eine intensive Zeit im Land der aufgehenden Sonne, in jeder Beziehung. So viele neue Eindrücke, lange Arbeitszeiten und die diversen Fettnäpfchen haben mich ganz schön auf Trab gehalten. Ich möchte hier noch einmal allen danken, die in dieser Zeit an mich gedacht, Briefe geschickt oder ge-emailt haben. Der Kontakt nach Hause war für mich ganz wichtig und hat mir sehr geholfen. Zum anderen möchte ich aber auch allen danken, die mir in Japan das Leben erleichtert haben. Besonders Sakagamis, Shimidzu-sensei, meinen Leuten im Labor, Reto, Jack und Philip Neser kommen mir da in den Sinn. Gerade, wenn man in einer so neuen Situation auf sich allein gestellt ist, sind Freunde sehr wichtig. Dank Euch allen wird mir dieser Japanaufenthalt auch in bester Erinnerung bleiben – na ja, bis darauf, dass er mal wieder viel zu kurz war. Alle meine Abenteuer gibt es weiterhin auf unserer Internetseite zum Nachlesen unter www.roloff.ch und dann zum Link Japan News. Einige Highlights waren die Übernachtungen bei Sakagamis, die Stadtführungen von Shimidzu-sensei, meine Welcome- und Goodbye-Partys im Labor, die Besuche vom Vati und der Kurzurlaub von Mutti und Vati, die Besteigung des Fuji-sans und das Tauchen in Okinawa.

So rückblickend war das auch eine Konfrontation mit dem Bodenlosen: Ich habe versucht, ein bisschen von der Japanischen Kultur zu verstehen, die Sprache zu lernen und die Bio-Informatik zu begreifen. Auf allen drei Gebieten bin ich ein gutes Stück weiter gekommen. Aber jedes Mal, wenn ich wieder etwas begriffen hatte, tat sich eine ganz neue Welt vor mir auf, mit noch tieferen Einsichten, noch mehr Details und Vielschichtigkeiten. Das Lernen hört wirklich niemals auf – besonders nicht in Japan.

Nach meiner Rückkehr ging es dann rund. Innerhalb weniger Wochen wollte ich alle Freunde wiedersehen – bevor sich die wieder in alle Winde verstreuen würden – für die Diplomprüfung büffeln und eine Stelle für meine Doktorarbeit finden. Die Diplomprüfung ist ganz gut gelaufen, aber für das Wiedersehen war die Zeit etwas kurz. Mit viel zu wenigen konnte ich mich so richtig austauschen, und manche habe ich gar nicht mehr gesprochen. Es war aber schön zu sehen, dass der Kontakt zu einem Teil auch nach dem Abschluss in Strasbourg halten wird. Zumindest haben wir uns schon ein paar Mal getroffen, ich bin Patenonkel von Cyprien, dem Sohn meines Studienkollegen Gilles geworden, und wir werden gemeinsam Silvester im franz. Jura feiern.

Das letzte grosse Ereignis war dann wohl mein Vorstellungsgespräch am Max Planck Institut für Molekulare Genetik und der darauf folgende Umzug nach Berlin. Am 1.11. habe ich dort meine Doktorarbeit über das Rett-Syndrom angefangen. Das Rett-Syndrom ist eine Krankheit, bei der sich das Nervensystem von kleinen Kindern verändert, was zu Epilepsie, Autismus, Bewegungsstörungen der Hand und ähnlichen Symptomen führt. Bis jetzt macht die Forschung jede Menge Spass. Mit einer Wohnung dort hat es zwar noch nicht geklappt, aber irgendwas muss man sich ja auch für das neue Jahr vornehmen. Berlin jedenfalls ist eine absolut faszinierende Stadt. Die Polarisation zwischen dem riesigen Kulturerbe und dem Drang, den Puls der modernen Zeit mitzugestalten, lässt einem immer wieder den Atem stocken. Allerdings hat man in so einer Metropole auch immer die Qual der Wahl. Alleine die Entscheidung, was man nun abends unternehmen will, ist jeweils eine echte Herausforderung, da es einfach von allem etwas gibt. Ich hoffe, ich werde meine Kyoto-Motivation behalten und auch weiterhin jedes Wochenende auf Berlin-Expeditionen gehen. Es gibt noch so viel zu entdecken.

 

Jan (23)

Dieses Jahr war bei mir nicht so viel los. Im Februar war ich eine Woche Snowboarden mit den Psychologen aus Basel. Den Rest der Semesterferien habe ich damit verbracht, für BWL zu lernen und eine Prüfung zu schreiben. Ausserdem habe ich für das Pädagogische Institut in Bern Fragebögen ausgewertet und in den Computer eingegeben. Das Sommersemester ist relativ ruhig verlaufen. Im Juni habe ich wieder für die Pädagogen gearbeitet. Diesmal habe ich zusätzlich zur Dateneingabe auch die Befragungen in Schulklassen durchgeführt. Im Juli hätte ich die letzte BWL-Prüfung des Grundstudiums schreiben sollen, bin aber durch Zufall zu einem gutbezahlten Job gekommen und habe die Prüfung deshalb auf Oktober verschoben. Ich habe dann 7 Wochen für Compaq gearbeitet, die in der Vantico ein neues Betriebssystem auf allen Rechner installiert haben. Der Job hat grundsätzlich viel Spass gemacht, obwohl wir wirklich ziemlich ran mussten, auch am Wochenende. Ziemlich reich und reichlich erledigt habe ich danach endlich ein wenig Sonne geniessen können. Mit zwei Kollegen war ich für eine Woche in Gran Canaria. Danach hat mich der Uni-Alltag wieder eingeholt. In den Ferien war der BWL-Stoff doch ziemlich in Vergessenheit geraten, und so hab ich es mir für zwei Wochen in der Bibliothek gemütlich gemacht. Die Prüfung habe ich dann tatsächlich auch bestanden, und damit nun endlich das Grundstudium in Betriebswirtschaft abgeschlossen. Ende Oktober hat dann das Wintersemester bereits wieder angefangen. Der Sommer ist wieder mal viel zu schnell vergangen. November und Dezember habe ich wieder viel gearbeitet. Ich konnte bei Compaq bleiben und arbeite jetzt vor allem bei der UBS (grössere Schweizer Bank). Die Zeit, die mir neben dem Studium und Job noch bleibt, nutze ich für sportliche Aktivitäten. Ich habe es dieses Jahr auch endlich geschafft, mich für einen Jugend+Sport Kurs anzumelden, den ich schon seit Jahren mal machen möchte. Und wenn alles gut geht, bin ich im Februar schon Snowboardleiter des J+S. Bern gefällt mir immer besser, lerne immer mehr Leute kennen und fühle mich so langsam richtig zuhause. Trotzdem verbringe ich aber noch das eine oder andere Wochenende in Basel und Umgebung – meist aus partytechnischen Gründen. Über Neujahr bin ich mit ein paar Freunden in die Berge gefahren, um Silvester in einer Skihütte oberhalb von Breil/Brigels zu feiern. Wir hatten grosses Glück mit dem Wetter und den Schneeverhältnissen, einzig ein verhängnisvoller Ausrutscher mit der Axt beim Holzhacken hat die Stimmung etwas getrübt. So werde ich das neue Jahr mit tollen Erinnerungen, aber nur noch 9 4/5 Fingern beginnen. Ich wünsche deshalb allen ein unfallfreies Jahr!

 

Sara (19)

Hallo zusammen. Nachdem ich meine Matur im Dezember 00 so richtig gefeiert und mich von meiner Krankheit (Pfeifersches Drüsenfieber) erholt hatte, habe ich drei Monate in Papas Firma Vantico gearbeitet und dort etwas Grund in das Archiv gebracht (ob ausser mir jetzt noch jemand einen Vertrag findet, ist fraglich...). Da mir ein Job zu wenig war, habe ich zusätzlich noch angefangen in einem Billard- und Bowlingcenter zu arbeiten und fühle mich hinter der Bar so richtig wohl (ich bin an den Wochenenden immer noch da zu finden)!

Im März hatte dann das lange Warten endlich ein Ende und mein Freund Dominik kehrte von seinem viermonatigen Aufenthalt in Kapstadt zurück! Ein wunderschönes Wiedersehen, welches wir sofort in Montana gefeiert haben. Anfang Mai haben Dominik und ich 10 Tage im SONNIGEN (man glaubt es ja kaum) London verbracht! Soooo viel gelaufen bin ich, glaube ich, in meinem ganzen Leben noch nicht! Da ein guter Freund von mir zu der Zeit einen Sprachaufenthalt in der Stadt gemacht hat, haben wir immer wieder gute Insider-Tips zugespielt bekommen. Anfangs Juni habe ich zwei Tage im Spital verbracht und mein Ohr operieren lassen. Gerade mal 20-30 % habe ich, infolge von vielen Mittelohrentzündungen als Kind, bis dahin auf dem rechten Ohr noch gehört, was sich durch die Operation merklich gebessert hat und sich immer noch steigert. Durch die gute Pflege von Mama und Dominik war ich aber bald wieder auf den Beinen. Kaum wieder gesund, hat es mich mit einer Freundin nach Tunesien verschlagen. Die zwei Wochen Sonne, Meer, reiten und Volleyball spielen haben so richtig gut getan. Kaum wieder zu Hause ging’s dann ab nach Dubai, Maputo und Südafrika. Es war einfach wunderschön und sehr eindrücklich. Nach den mehr oder weniger (eher weniger) erholsamen Wochen hiess es dann ab in die Uni in Zürich! Trotz der etwas verwirrenden Lagepläne, lauten Vorlesungen und viiiiiiiiiielen Leute habe ich mich doch recht schnell zurechtgefunden. Die totale Begeisterung blieb aber leider aus und so habe ich mich bald einmal nach einer Alternative umgeschaut und auch prompt mein Traumstudium gefunden. Ab Oktober 2002 werde ich an der Fachhochschule in Winterthur Fachjournalismus und Unternehmenskommunikation studieren - ein drei-jähriges, sehr durchstrukturiertes und praxisorientiertes Studium, in dem ich auch weiter Englisch und Französisch lerne, Psychologie und viele weitere Fächer habe. Ich freue mich sehr darauf!

Die Weihnachtszeit habe ich sehr genossen, habe viele Plätzchen gebacken und mit Begeisterung Geschenke gebastelt. Weihnachten selber war wunderschön, nicht zuletzt weil wir wieder Besuch von (diesmal leider nur einer) der Omas hatten!

Jetzt sitzen wir (Mama, Papa, Tim, Dominik und ich) mit 4 Computern in Montana und schauen zu, wie es in den Schnee regnet... na, denn prost...

Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch und ein wunderschönes 2002!!!

Alles liebe Sara

 

So Marion(52) Äusserlich alles beim Alten: Familie, Haus, Garten, 9 Std. Lega, 6 Std. kath. Religion, 1 Std. ref. Religion + jeweilige Elternabende und Gottesdienste, Deutschunterricht für ein kleines englisches Mädchen, Englischkonversation für 2 Kolleginnen, Englischkurs bei Jane, Literarischer Treff, Glaubenskurs in Basel, Elternkreis, Z’Morge Träff am Donnerstag, Gesundheit ziemlich gut, Gewicht viel zu hoch...

Aber gefühlsmässig ging’s zünftig rauf und runter.

Das fing gleich im Januar an, der ein ganz schwerer Monat für mich war. Genossen habe ich, dass zum ersten Mal am 6. Januar die Sternsinger zu uns kamen und unser Haus für das neue Jahr unter Gottes Schutz stellten. Tatsächlich wurde es das ganze Jahr über auch immer wieder zu einem gemütlichen Rückzugsort voller Geborgenheit für uns und ermöglichte uns viele schöne Stunden in der Gesellschaft lieber Menschen.

Nach einem eher ruhigen Sylvester mit Mutti, galt es, das grosse Abschiedsfest für Tim und unsere Austauschtochter Ee Lin vorzubereiten. 45 Leute, die vor allem Ee Lin in dem vergangenen Jahr geholfen hatten, sich bei uns zu Hause zu fühlen, kamen, stiessen mit uns auf das neue Jahr an und wünschten den beiden Glück für die Zukunft. Danach ging’s ans Dem–Tim-Kofferpackenhelfen für 8 Monate Kyoto, und den Gesichtern auf dem Flughafenphoto nach zu urteilen, war der Abschied vom Tim eine Woche später wie eine Beerdigung.

Es ist mir tatsächlich auch sehr schwer gefallen, den Tim da in eine so unsichere Zukunft abfliegen zu lassen. Nur zu deutlich kamen mir die vielen Unsicherheiten, Verständigungsschwierigkeiten und Fettnäpfchen im japanischen Alltag wieder hoch. Und dann noch alleine... und dann noch da arbeiten und ausgerechnet die Diplomarbeit schreiben müssen....

Ich habe mich zwar mit „Er ist selber Schuld, wenn das schwierig wird“ versucht zu trösten, aber trotzdem....! Im Nachhinein war die schwere Trennung aber wieder einmal d i e Chance. Er hatte in seinem Labor in Kyoto eine Computerkamera, so dass ich ihm täglich beim Arbeiten zuschauen konnte und es gab jeden Tag einen lieben E-Mailgruss und jede Woche einen langen bebilderten Erlebnisbericht auf unserer Homepage im Internet! Welche Mutter wird schon derart mit Informationen verwöhnt???

Kaum war der erste weg, ging es ans Ee Lin - Loslassen, was mindestens ebenso schwer war. Zum Glück gab es in unserer letzten gemeinsamen Woche so viel zu erledigen, dass wir kaum zur Besinnung kamen. Den letzten Abend waren wir beide im Kurzentrum, sind im warmen Sole-Wasser unter dem klaren Sternenhimmel geschwommen und haben uns damit getröstet, dass uns der gleiche Himmel ja nicht verloren geht. Unglaublich, wie einem ein fremder Mensch in nur einem Jahr so ans Herz wachsen kann. Der Abschied auf dem Flughafen war fast tödlich. Zum Glück hat Jan mich begleitet und unser Elternkreis hat mich abends in ein Konzert abgeschleppt und mich so über Wasser gehalten.

Als Ee Lin dann, kaum in Malaysia angekommen, anrief und am Telefon ihr süsses Deutsch plapperte, ging’s mir schon viel besser. Wir haben weiter oft Kontakt, da gehen die Anrufe, Briefe, Karten, E-mails und Päckchen nur so hin und her. Schon nach 4 Wochen ist sie von Malaysia nach Australien gegangen, wo sie ein Jahr an einem Übergangs-College erfolgreich abgeschlossen hat (Und so ganz nebenbei das Schuljahrbuch, ein wahres Meisterwerk, auf die Beine gestellt hat) und nun wird sie an der Uni studieren.

Anfang Februar nahm ich an einem weiteren Shibashi (philippinische Bewegungs-Meditation) Kurs in Luzern teil. Die Kurse sind für mich immer wie ein Abtauchen in eine andere, bewusstere und sanftere Welt und auch dieser war sehr heilsam für meine noch frischen Loslasswunden. Geholfen hat mir in der damaligen Situation auch ein Segnungs- und Heilungs-Gottesdienst in der Elisabethen-Kirche in Basel. Mit Achim ging es dann eine Woche in den Schnee auf die Riederalp - diesmal in ein Hotel, was wir sehr genossen. Mal so gar nichts tun zu müssen war herrlich. In unserer Montana Wohnung tummelten sich in der Zeit Robin und die Jungs aus Bristol beim Skifahren.

Sara arbeitete ein paar Wochen beim Papa in der Vantico und ich fand es spassig, so eine Art „Spion“ für Insider-Informationen in der Firma zu haben, weil der Achim ja fast nie etwas erzählt. So verriet sie, dass der Papa manchmal eine Crèmeschnitte zum Dessert nimmt (ich dachte, die mag der Achim gar nicht) und dass sein Spitzname in der Firma „Merlin“ ist...“.Nicht der Schlechteste“, fand ich.

Ende Februar hatten wir Besuch von Tims Patentante Ursel, mit der ich die Bildersturm Ausstellung in Bern und die Rothko Ausstellung in der Fondation Beyeler in Basel besucht habe; beides sehr eindrucksvoll und mit Ursel ein besonderer Genuss.

Dann kamen einsame 2 Märzwochen, Achim war bei Tim in Japan und dann in Indien, anschliessend in Luxemburg und dann in London, während ich mit Sara Geburtstag feierte, die ihrem Dominik entgegenfieberte, der als verspätetes Geburtstagsgeschenk nach 4 Monaten Südafrika zurückkam. Ausserdem habe ich noch den Weltgebetstag mitgestaltet. Den Schock des Monats habe ich bekommen, als ich meine beste Schulfreundin Anne anrief und erfuhr, dass sie Hals über Kopf eine grosse Krebsoperation über sich ergehen lassen musste. Da merkt man erst mal wieder, wie sehr man aneinander hängt. Ich war froh, dass wir sie kurz darauf besuchen durften, denn so von Angesicht zu Angesicht sind beängstigende Nachrichten immer noch besser zu ertagen und werden relativiert.

Im April haben die Rheinfelder Kirchen gemeinsam mit einheimischen Künstlern ein eindrucksvolles Kreuzweg- Happening organisiert, an dem auch Saras Patentante Maya als Töpferin -wenn auch eher zufällig- teilnahm. Achim und ich sangen im kath. Ostergottesdienst die Spatzenmesse von Mozart und ich mit dem Gospelchor in den refor- mierten Konfirmations -Gottesdiensten. Hat alles sehr Spass gemacht.

Anschliessend war ich mit im Viertklass-Musicallager der ref. Kirche und habe kochen geholfen. Weil das Lager im Schloss Beuggen, gleich hier am Rhein stattfand, konnte ich nach einer Nacht schon wieder zum Schlafen nach Hause fahren. Das war mir sehr recht, denn das Lager-Nachttheater geht mir inzwischen doch ziemlich auf den Geist. Nach der einen Nacht in dem Schloss war ich jedoch um eine wertvolle Erfahrung reicher.

Unter meinem Zimmerfenster nämlich gurgelte und gluckste es und die grünen Wassermassen des majestätischen Rheines wälzten sich bzw. schossen direkt an den Schlossmauern und vor meinen Fensterscheiben vorbei. Ich hatte immer schon mal so nah am Wasser übernachten wollen, aber es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Im Gegensatz zum Meer, das ja unaufhörlich auf einen zurollt , sich zurückzieht und wieder kommt und mir ein Gefühl von Kontinuität und Beständigkeit, von Zeitlosigkeit und Ewigheit gibt, hatte ich das Gefühl, der Fluss saugt alle Kraft aus mir heraus und schwemmt sie unwiederbringlich fort. Ich fühlte mich körperlich in den Bann des Flusses gezogen, als wolle er mich aus meiner Verankerung reissen und mit sich schwemmen in ungewisse Fernen. Das ging bis hin zu Schwindelgefühlen und einer grossen inneren Unruhe und Rastlosigkeit, die mich erst schlafen liessen, als ich das Fenster fest geschlossen und die Vorhänge zugezogen hatte.

Die Restferien fuhren Achim und ich nach Montana zum Wohnungsgrossputz, und eigentlich wollte ich da ja auch meine erste Arbeit für den Glaubenskurs in Basel schreiben... aber eben... irgendwie bekam ich den Absprung nicht, obwohl die Zeit langsam drängte.

Im zweiten Trimester hatten wir Xaver Pfister als Kurs-Referenten bekommen, in Basel sehr bekannt aus Radio, Fernsehen und von vielen lebensnah geschriebenen Büchern her. Ich fand den Unterricht bei ihm anspruchsvoll und höllisch interessant, aber viele in dem Kurs waren überfordert und gaben auf. Auch meine Freundin Sabine fühlte sich nicht mehr wohl und brach den Kurs ab. Ich habe ziemlich daran geknabbert, wieder alleine gehen zu müssen, hatte mir aber fest vorgenommen, für Xaver die Arbeit „Mein persönlicher Glaubensweg“ zu schreiben und war auch, da ich ihn sehr bewundere, gespannt auf das Prüfungsgespräch bei ihm.

Aber es wurde Mai und das mit dem Schreiben wollte und wollte einfach nicht losgehen. Da habe ich mir mal wieder Hilfe in Form von Seelsorge-Gesprächen geholt, ein äusserst weiser Entschluss, wie sich bald herausstellte, denn ... im Mai ging es wirklich Schlag auf Schlag.

Zuerst kam meine Wahlschwester Susi aus England, zum ersten Mal ohne Kinder, und wir beide machten uns von Freitag Mittag bis Sonntagabend auf eine Schweiztour. Stellt Euch vor, die ganze Schweiz war gelb von Löwenzahnblüten, alles voll! Wir kamen über Gryère und den Genfer See bis ans Matterhorn in schönem Wetter, aber dann wurde es regnerisch und wir schlichen nach Hause. Es war toll, so zu zweit unterwegs zu sein, mit viel Zeit zum Reden.

Als wir am 6.5. nach Hause kamen, rief Claire Benkert an und wollte wissen, wie’s bei Saras Patentante ginge, eins ihrer Kinder habe doch gestern einen Unfall gehabt. Ich fiel aus allen Wolken. Schwersten Herzens habe ich mich zu ihnen auf den Weg gemacht. Die Eltern waren beide im Krankenhaus, aber die Grossmutter erzählte: Der Michael (24, eine Zeit lang Klassenkamerad von unserem Tim) sei gegen Morgen von einer Party nach Hause gekommen, in bester Laune, die Mutter habe noch die Tür gehört und erleichtert gedacht, na, jetzt sind alle wieder gut zu Hause, ( wie’s einem eben so mit Jugendlichen im Haushalt geht), und eine halbe Stunde später sei der Michael, schon fast ausgezogen, im Flur vom zweiten Stock aus dem Fenster gefallen. Die Sanitäter des Krankenwagens konnten nichts machen, der Rettungsheli musste kommen und den Michael mit schweren Kopf- und Hirnverletzungen ins Kantonsspital nach Basel fliegen. Nach mehreren Operationen kam er dann ins Paraplegiker-Zentrum in Basel, wo er bis August im Koma und seither im Wachkoma liegt. Da er nur minimalste Fortschritte macht, sind seine Tage auch dort gezählt. Und dann...??? Die Pflegeabteilungen der Rheinfelder Altersheime können einen derart schweren Pflegefall nicht aufnehmen und betreuen. Und was bleibt dann??? Nur noch ein Sterbehospiz... Aber noch geben wir die Hoffnung nicht auf. Noch ist nicht Ende März, noch kann ein Wunder geschehen und er wacht auf und es geht aufwärts.... Maya ist jeden Tag und Abend bei ihm und hilft bei den vielen Therapien. Doch in ihrer Familie wird es nie mehr sein, wie es einmal war.

War ich froh, dass ich die Termine für die Seelsorgegespräche schon hatte!!!

Total geschockt ging ich nach Hause, rief meine Mutti an und erfuhr,..... dass sie gestern eine Wohnung gefunden habe - wunderschön, Erdgeschoss, ohne Treppen, bezahlbar, in idealer Lage und dass sie sofort umziehen wolle!!!! Spätestens aber Ende Monat! Am nächsten Wochenende waren wir auf der Autobahn, erst zum Geburtstag von Achims Mutter nach Remscheid und dann zu meiner Mutter - es war auch noch Muttertag, nur habe ich leider nichts davon gehabt - und haben mit meiner Schwester einen Umzugsschlachtplan entworfen. Während wir dann zurück nach Rheinfelden rasten, versuchte ein Einbrecher dort in unser Haus zu kommen, aber, dank der Aufmerksamkeit einer Nachbarin, suchte er das Weite und plagte noch ein weiteres Jahr die Umgebung, bis die Polizei ihn letzte Woche endlich fassen konnte. Ausser verkratzten Türen und Scheiben ist nicht viel passiert, aber die Sara, die spät abends aus Basel kam, kriegte Panik, als um unser Haus x dunkle Gestalten rumschlichen, auch wenn es dann Polizisten waren. Meine Freude am Haus war eine Zeit lang sehr getrübt und mein Sicherheitsgefühl schwer angeknackst.

Das nächste und einzige freie Wochenende im Mai habe ich endlich dazu genutzt, um in einer 3 Tage-, 2 Nächteaktion meine Arbeit auf die Beine zu stellen. Statt der verlangten 3-7 sind es mit Anlage über 5o Seiten geworden. Zum Glück hat der Xaver Pfister dann in der Prüfung gemeint, ihn habe nur im ersten Moment der Schlag getroffen, aber dann muss ihn der Erguss doch gepackt haben, denn er wollte meine Arbeit behalten und hat darum gebeten, sie in seinen Kursen weiterverwenden zu dürfen. Das ist schon eine Ehre!....

Ich habe also meinen Glaubensweg beschrieben von der Geburt bis heute. Interessanterweise habe ich mich so da hinein vertiefen können, dass ich wie versunken bin und zurückgekehrt auf die einzelnen Altersstufen (den Lebensweg habe ich in Siebenerschritte eingeteilt) - bis hin zum damaligen Wortschatz. Es war extrem anstrengend und extrem wohltuend zugleich, den Bogen zu spannen. Und immer wieder ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen „Ach, deshalb musste das damals passieren“....etc.

Zurück zum Umzug in Bonn. Was es da alles zu organisieren und zu planen gab. Das grösste Problem war, dass erstens die Mutti natürlich keinerlei Kündigungsfristen eingehalten hatte (Zoff mit dem alten Vermieter und finanzielles Gerangel) und dass die neue Wohnung, wie in Deutschland üblich, noch keine Küche hatte. Finde mal alles in so kurzer Zeit! Meine Schwester hat halbe Wunder vollbracht, alles mit ausgesucht, bestellt und in die Wege geleitet. Über Himmelfahrt ging es dann wieder ein paar Tage von Rheinfelden nach Bonn, die Frauen alles aussortieren und packen, so weit es ging, und die Männer die Regale und Schränke ab- und die neue Küche einbauen. Gott sei Dank sind wir alle gut miteinander zurechtgekommen. Den eigentlichen Umzug hat meine Schwester Sylvia gemanagt, während ich den zehnjährigen Geburtstag unseres Z’Morge Träffs für ca. 20 Teilnehmer/innen und Martin Wiedmer als Gründer und Ehrengast bei uns zu Hause organisierte (Jan und Sara haben zur Freude der alten Leute ganz lieb geholfen!) und gerade noch rechtzeitig und mit grosser Erleichterung meine Trimesterarbeit abgab.

Dann düste ich zurück nach Bonn zum Auspacken und Einräumen. Eine Grossübung, aber am Pfingstmontag haben wir bei der Mutti auf der Terrasse zusammengesessen und auf das geglückte Abenteuer angestossen. Eigentlich kann ich heute noch gar nicht ganz fassen, dass wir das alles auf die Entfernung und in der kurzen Zeit in die Reihe bekommen haben. Mutti ist so glücklich in der neuen Wohnung, dass sie sogar Heilig Abend dort alleine verbringen wollte, anstatt wie sonst zu uns zu kommen.

Kam jetzt eine Ruhephase? Nix da! In der ersten Juniwoche flog Achim wieder nach Japan, während Sara ins Spital musste, um ihr fast taubes Ohr operieren zu lassen - eine gute Gelegenheit für mich, meiner Tochter wieder etwas näher zu kommen. Wir waren wegen der Eifersüchtelei im Zusammenhang mit Ee Lin doch ziemlich auf Distanz zueinander gegangen. Die Spitalsituation hat uns beiden gut getan. Beim Betüddeln musste ich mir den Platz am Bett allerdings meist mit einem rührend besorgten gewissen Dominik teilen.

Als tolle Ueberraschung hatte ich in dieser Woche auch noch Besuch von meinem Schulfreund Wolfgang Steinig und seiner lieben Frau Marianne. Ich habe die Gesellschaft der beiden so genossen! Tagsüber waren sie selbständig unterwegs und abends hatten wir es so gemütlich miteinander. Was es da alles zu erzählen, zu erinnern und auszutauschen gab, und wie erstaunt wir feststellten, wie viele Interessen wir gemeinsam haben.

In der folgenden Woche musste ich Dienstag an unserer Schule eine Gruppe Kinder beim Sportfest betreuen und einen Erlebnisstand zum Landesthema Deutschland organisieren, was mir sehr im Magen lag. Netterweise hat Martin mir planen und Saras Dominik mir tatkräftig beim Umsetzen geholfen!

Ausserdem wartete Donnerstag die mündliche Prüfung beim Xaver (vorher schlotter, nachher strahl) und am Freitag galt es den Versöhnungsweg in der kath. Kirche zu organisieren und durchzuführen. Ein Riesenprojekt, an dem die Viertklässler nach einem halbstündigen Gewissensfindungsweg in Begleitung von Mutti oder Vati ihr erstes vertrauliches Gespräch mit dem Pfarrer führen. Das Vorbereiten ist immer ein ziemlicher Stress, aber einer, der sich, wenn man die Eltern hört und die Kindergesichter sieht, hundertprozentig lohnt.

Achim durfte die Gemäldeausstellung unseres Ex- Nachbarn und Malerfreundes Willy Pavan im Hotel Schiff in Rheinfelden eröffnen, was ein schönes Wiedersehen mit vielen Freunden und Bekannten aus unserer langen Augartenzeit mit sich brachte.

Wundert es jemanden, dass ich nach d e n Wochen auf der Nase lag??

Grippe und einen Tennis- und Golfarm, stellte der Arzt fest. Da war ich erst mal ein paar Tage ruhiggestellt, die ich für intensive Gespräche mit Freunden nutzen konnte. Die Armmassagen 10 Wochen lang habe ich voll und ganz genossen.

Dann noch schnell die Schuljahresend-Gottesdienste, die Segnungsfeier für die Fünftklässler, einen grossen Brunch unseres Kirchenchores für 3 Deutsche Chöre, mit denen wir letztes Jahr zusammen gesungen haben, hinter mich bringen und endlich Juli und Sommerferien!!!

Aber nix da ausruhen: Kofferpacken! Denn sofort nach der Schule am letzten Schultag ging es zum Flughafen und ab, Achims Gratisflugmeilen aufbrauchen, nach Japan. War ich vom 12 Stundenflug so k.o., als wir ankamen, oder vielleicht doch von all dem ... ?

Wir flogen nach Osaka, fuhren mit dem Zug nach Kyoto und kaum dort auf dem Bahnsteig angekommen, tippte uns ein völlig erwachsener Tim auf die Schulter und nahm seine Eltern unter die Fittiche. War das schön! Er kannte sich wirklich bestens aus und hatte schon alles geregelt. Die Koffer ins Hotel, eine Tasche gepackt und dann gleich ab in den Zug nach Ikoma/ Nara. Dort wurden wir von meiner Freundin Eiko Sakagami, ihrem Mann Shinji und Tochter Jumiko erwartet und soooo verwöhnt!! Hatten die sich eine Mühe gegeben! Das Sushi Abendessen war ein Traum! Wir durften natürlich dort übernachten, auf den herrlich bequemen Tatamimatten schlafen – allein mit ihren High Tech WC habe ich ziemlich gekämpft: herrlich beheizter Sitz, Dusche, Wasserstrahl und Lufttrocknung von unten, aber mit welchem der vielen Knöpfe spühlt man?? - und wir hatten sooo viel Spass beim „Radebrechen“ und Versuchen zu erklären und Shinji beim gemeinsam Flöte Spielen mit Tim und bei langen Gartengesprächen. Zuletzt haben sie uns noch durch ein Handwerkerviertel mit Schauwerkstätten in Nara geführt und dann in den Zug zurück nach Kyoto gesetzt.

Abends haben wir schnell noch Tims Studentenzimmer im „Urban Boat“ begutachtet: neu, sauber, winzigklein und alles aus unverputztem Beton - gilt anscheinend gerade als hochmodern. Ich habe Platzangst und Zustände bekommen und war heilfroh, als ich wieder raus war; das hätte ich nie da ausgehalten!!!

Am nächsten Tag waren wir zu einer Gartenparty bei einem alten Kollegen von Achim, Prof. Toshi Adaji eingeladen. Er hatte alles, was Rang und Namen hatte, uns zu Ehren herbeizitiert und ich fand es schön zu sehen, wie Tim sich ganz selbstverständlich unter all den Eminenzen bewegte und wie herzlich sie sich für ihn interessierten. Jetzt erst wurde mir bewusst, dass Tim da an der absoluten Elite Uni von Japan arbeitete. Ein schönes Gefühl für eine Mutter mit meinen Komplexen...

Die restlichen Tage waren geruhsamer und interessant. Tim kam immer zum Frühstück ins Hotel, fuhr dann arbeiten und wir waren auf Achse, haben trotz 4o Grad Hitze und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit.- uh -, den Inari Berg, Berg der heiligen Füchse (jap. Götterboten) mit seinen 10000 roten Toris bestiegen, unsere alte Heimat Nishinomiya und Kobe mit Achims neuem Firmensitz auf Port Island besucht, sogar eine Führung durch den Kaiserpalast in Kyoto hat der Tim organisiert, (viele Japaner warten jahrelang, bis sie eine Karte bekommen), haben eine Fahrradtour im Ausflugsort Arashiyama am Hozu Fluss gemacht und Tim hat uns seine Uni, seine Lieblingstempel in Uji und überhaupt „sein“ Kyoto gezeigt. Abends ging es dann gemeinsam in die Stadt zum Essen, wo immer jede Menge los war. Unsere Abschiedsnacht auf den Tatamimatten im Tempura Restaurant über dem Fluss in Kyoto werde ich nie vergessen. Es war so traumhaft schön. Die laue Luft, der grosse Mond, die sanfte Landschaft, die vielen jungen fröhlichen Leute, die in Erwartung des Gion Festivals schon ihre „Zwei-mal-im-Jahr“-Kimonos ausführten und die Luft voll der seltsam melancholischen und monotonen Koto Melodien, typisch für das historische Fest und von dem dumpfen Dröhnen der grossen jap. Trommeln - und mir gegenüber mein lieber Mann und mein strahlender Sohn. Ich habe mich total glücklich und geborgen gefühlt und das mitten in Japan.

Wieder zu Hause kam dann mein Garten, ganzjährige Marion „Ruhe, Freude und Gelassenheit“-Tankstelle dran. Ausserdem die 15 Filme Japanphotos einkleben und gemütliche Abende mit u.a. Judith und Max Siegrist.

Ende Juli war Achims Mutter bei uns und fuhr mit nach Montana. Wir wollten über die traumhaften Alpenblumenwiesen wandern und zum Kleinen Matterhorn fahren. Bis auf 4000 Meter ist sie mit hochgekommen!!! Und war sooo begeistert.

Anfang August kam der Tom auf die Welt und Sara und ich sind noch schnell die paar Stunden nach Bonn und Lünen gedüst, den Winzling begrüssen.

Das letzte Ferienwochenende brachte ein Treffen mit Tante Ursel, Onkel Rüdiger und meinen Cousinen Bettina, Julia und Isabelle in einem wunderschönen Hotel am Bodensee. War lässig alle wiederzusehen, im See zu schwimmen und am Horizont standen die verschneiten Alpen rum.

Dann fing die Schule wieder an mit dem üblichen hin und her am Schuljahresbeginn, bis endlich so etwas wie Routine einsetzt. Mein zweiundfünfzigster Geburtstag am 25sten war total musikalisch. Wir haben bei einer Affenhitze mit dem kath. Kirchenchor im Spital und 2 Altersheimen je ein Konzert gegeben. Wie viel Freude die Insassen allerdings hatten, bleibt zweifelhaft. Eine alte Dame jedenfalls schüttelte missbilligend den Kopf und meinte: “Das war kein schönes Weihnachtskonzert“ !!!!

Besonders gefreut habe ich mich, dass wir am Abend noch meinen Onkel Rüdiger im Spital besuchen konnten - normalerweise Chef der deutschen Botschaft in Maputo, Mosambique -, der in Rheinfelden sein Knie operieren lassen musste. Dabei konnten wir mal vorfühlen, wie’s mit einem Besuch in Afrika in den Herbstferien wäre. Wir bekamen grünes Licht und sind sofort auf die Suche nach Flügen gegangen. Es sah schlecht aus. Swissair und alles, was Achims Flugmeilen genommen hätte, war ausgebucht. So landeten wir bei Emirates Airways, mit Zwischenlandung in Dubai. Sara, die mit uns kommen durfte, war begeistert. Wir buchten für den dreissigsten September. Später stellte sich dann heraus, dass Rüdiger uns erst am 4. Oktober, nach der 5oo Gäste Fete zum Deutschen Nationalfeiertag in seinem Haus brauchen konnte. Da schlug die Stunde von Kamal Khiani, dem indischen Chef von Vanticos Zweig in Dubai. Er war schon öfter bei uns und hatte immer wieder gedrängt, wir sollen doch mal kommen. Dubai sei sooo schön.

Aber erst noch kehrte der Tim aus Japan zurück. Wir hatten uns so darauf gefreut, aber dann wurde Tims Gesicht am Kofferband weisser und weisser. Sein Koffer war da, aber seine grosse Bordtasche, die er in letzter Sekunde doch nicht mit ins Flugzeug nehmen durfte, weil sie zu schwer war und einchecken musste, fehlte. Und drin waren alle seine zerbrechlichen Abschiedsgeschenke, seine silberne Flöte, sein Labtop und vor allem seine gesamte Diplomarbeit. Na, das war ein geschocktes Wiedersehen. Drei Tage schlich alles hier bedrückt durchs Haus, dann kam der erlösende Anruf vom Flughafen. Die Tasche war da. Und ausser einer zersprungenen Teetasse war auch alles drin und ganz. G o t t sei Dank!!! Von da ab verschwand Tim in seinem Zimmer und ward bis zur Diplomprüfung Ende September nur mehr zum Essenfassen gesehen.

Der September fing so friedlich an. Am ersten Sonntag machten wir mit dem Kirchenchor die Fricktaler Wallfahrt nach Flüeli Ranft zum Schweizer National- Heiligen Bruder Klaus mit. Schönes Singen in der Kirche in Kerns, eine Wanderung mit Picknick und Meditations-anregungen über die sonnigen Wiesen durch die schöne Berglandschaft zur Flüeli Ranft und eine Abschlussfeier mit Handauflegen und Segen in Sarnen. Hat sehr gut getan.

Am nächsten Abend gab’s ein gemütliches Nachtessen bei Wiedmers.

Dann folgte ein kurzer, aber heftiger Panikanfall meinerseits, denn es war allerhöchste Zeit, um die zweite Trimesterarbeit, diesmal für die Referentin Claudia Stähle, zu schreiben. Mit Starthilfe von Martin in buchstäblich letzter Sekunde hab ich überraschenderweise auch das noch geschafft. Und das Ergebnis zum Thema: Erstes Testament, „Micha, ein kleiner Prophet“, liess, laut Claudia in der mündlichen Prüfung, nichts zu wünschen übrig.

Es folgte ein Wiedersehen mit Bissigs, Freunden aus Mexiko, die wir seit 2o Jahren immer wieder treffen und deren Kinder ich im Kinderhüeti damals gewickelt und gefüttert habe. Heute studiert Marco in Basel Medizin und Alessandra macht gerade in Mexiko an der deutschen Schule Abitur. Ich liebe Freundschaften, die über eine lange Zeit halten.

Tja, und dann kamen sie, der schreckliche elfte und der schwere zwölfte September mit den Feindschafts- und Hetzwellen, dem Kriegsgeschrei, der Angst und der Panikmache. Und eine Weile war mir weder wohl als christliche Religionslehrerin an einer Schule mit vielen Moslemkindern, noch bei dem Gedanken, in zwei Wochen in ein Flugzeug, noch nach Arabien, noch in eine Botschaft zu müssen.

Auch der Erntedank Gottesdienst, den ich am 23. mit meinen Schülern gestalten sollte, lag mir im Magen. Immer ratterte es in meinem Kopf : “Was haben wir nur da gesät, dass wir nun so etwas Furchtbares ernten“. Und auch heute noch habe ich keine für mich klare Antwort. Der Horror ging ja noch weiter mit dem Attentat von Zug und dem Swissair Zusammenbruch.

Am 28. kamen dann unsere beiden Mütter. Tim hatte sie zu seiner Diplomprüfung, die glatt über die Bühne ging, und der anschliessenden Feier nach Strassburg eingeladen. Sein Jahrgang hatte sich Jens Reich, den bekannten ehemals Ostdeutschen Wissenschaftler, als Paten ausgesucht und der hielt an der Diplomfeier eine ausgezeichnete Rede, die ihr auf unserer Homepage nachlesen könnt, oder, wenn es euch interessiert, bei mir anfordern könnt, falls ihr keinen Internet Zugang habt. Es lohnt sich wirklich, sie zu lesen.

Die Feier über habe ich immer Cyprien, das Jahrgangsbaby, beim Rumtoben beobachtet und mich köstlich amüsiert. Später kam ein strahlender Tim auf uns zu und stellte uns den Kleinen als sein zukünftiges Patenkind vor.

Mit dem beruhigenden Gefühl: Das erste unserer Kinder hat die Ausbildung fertig und das Diplom in der Tasche, nahmen wir dann unseren ganzen Mut zusammen und kletterten mit Sara in das Flugzeug nach Dubai. Jan musste wegen einer Prüfung zu Hause bleiben und Tim hatte Vorstellungsgespräche für eine Doktorandenstelle in Heidelberg und Berlin.

Im Oktober hatte ich trockene Hitze in Dubai erwartet, aber es war noch feuchtheisser als in Japan. Nach einer kurzen Fahrt, vorbei an modernsten Hochhäusern, verbrachten wir erst mal eine Nacht im angenehm klimatisierten Hotel. Und dann kam Freund Kamal und es ging los. Was alles, das wisst ihr ja schon aus Achims Bericht. Ich werde das Feuerwerk an Eindrücken und die Freundlichkeit von ihm und seiner Familie nie vergessen, aber auch die allgemeine Dankbarkeit, dass wir uns trotz Krise aufgemacht hatten und doch gekommen waren. Seltsamerweise war mir die Art, in Dubai zu leben, aber viel fremder als die in Japan! Dem muss ich noch einmal nachstudieren.

Schon ging es weiter via Johannisburg nach Maputo zu meinem Onkel Rüdiger Zirpel, der noch bis nächsten Sommer Deutscher Botschafter in Mosambique und Swasiland ist. Wir flogen über das peinlich genau bewässerte und bewirtschaftete Südafrika und hatten keine Mühe, die Grenze nach Mosambique von oben zu identifizieren, denn von da an war nur noch Busch, bis am Horizont die Skyline von Maputo auftauchte. Entlang der Flüsse waren noch deutlich die Spuren der Überschwemmungen der vergangenen Jahre auszumachen. Maputo, eine moderne Stadt am Meer mit vielen Hochhäusern, stellte ich überrascht fest. Nach der Landung relativierte sich aber der Eindruck einer modernen Stadt rasend schnell. Alles heruntergekommen und kaputt... Viel, viel Kriminalität, unglaubliche Armut und jede Menge Strassenkinder. Hie und da liess sich aber noch ahnen, wie schön die Stadt unter portugiesischer Herrschaft gewesen sein muss. Jetzt, nach dem Bürgerkrieg und den Umweltkatastrophen, fehlt es an allem. Die Strasse, an der mein Onkel wohnt, war unweit seines Hauses bei den Überschwemmungen zerstört worden und konnte bis heute nicht repariert werden. Dabei handelt es sich um die Hauptverbindung zum Norden des Landes... Von Rüdigers Haus mit einer Palme, die mitten im Haus wächst, den riesigen Zimmern, dem Garten hoch über dem Meer, dem Swimmingpool, den beiden freundlichen Schäferhunden und dem Koch, der uns sehr verwöhnte, waren wir fasziniert. Saras Begeisterung liess aber nach, als sie hörte, dass es immer wieder mal Schlangen im Garten gäbe... Trotzdem haben wir uns sofort zu Hause gefühlt und uns prima erholt. Ich war ganz glücklich, dass in dem Garten herrlich duftende Frangipani Büsche wuchsen, die mich schon in Tanzania vor ein paar Jahren so fasziniert hatten. Zwei Tage später kam dann noch Isabelle aus Bonn, Rüdigers jüngste Tochter, mit einer Freundin und dann ging’s wieder los. Wir konnten den Botschafts-Landrover ausleihen und fuhren quer durch’s leere Mosambique nach Südafrika und dort geradewegs in den Krügerpark. Es war ein Tag mit bedecktem Himmel und der Ranger am Eingang des Reservates meinte: “Ideal zum Tiere sehen.“

Recht hatte er! Schon hinter der nächsten Kurve sass eine seltene Schildkröte auf der Strasse, dann stand eine Giraffe in den Büschen und bis wir Stunden später in unserem Quartier, dem Letaba Camp, etwa in der Mitte des Parks, ankamen, hatten wir schon fast alles gesehen, was das Herz begehrt. Dort wimmelte es von zahmen Böckchen, Eich-hörnchen und den buntesten Vögeln. Es waren unvergesslich schöne Tage und Stunden da, an der breiten Letaba Flussbiegung, an die abends und morgens die Herden zum Trinken zogen. Geblieben ist mir ein Gefühl von Frieden und Zeitlosigkeit und die Erinnerung an einen Sternenhimmel, dessen Sterne bis auf die Erde am Horizont hinunterfallen, tagsüber der weite sanfte blaue Himmel mit den verstreuten weissen Wolken, die grossen Flächen, die Buschfeuern zum Opfer gefallen waren, die Aufregung beim Erspähen des nächsten Tieres, das gemischte Gefühl, wenn ein riesen Elefant immer näher kam, die Begeisterung, als wir im Schritttempo direkt neben einem Straussenehepaar mit 10 kleinen Jungen vorbeirollten oder eine Herde von 4o Hippos entdeckten und vor allem die tolle Erfahrung, zu sechst tagelang in einem Auto unterwegs sein zu können, mit drei Neunzehnjährigen, in einem Frieden. Auch das Gefühl, am Steuer so eines grossen Geländewagens über die Feldwege zu brettern, war nicht schlecht. Sara hat’s auch genossen und Rüdiger und Achim haben sich die Haupt-Fahrerei geteilt. Auf der Rückfahrt ausserhalb der Camps holte uns die Wirklichkeit schnell wieder ein. Zwar gab es da auch noch viele private Parks mit wilden Tieren, was mich erstaunte, aber überall waren Spuren von Strassenüberfällen zu erkennen und beim Kassenwechsel im Supermarkt der Kleinstadt Whiteriver zogen Wachen mit Maschinenpistolen auf. Da machte das Einkaufen schon weniger Spass. Glücklich gemacht aber hat mich, dass ich für ein paar Tage Rüdigers Welt ein bisschen kennenlernen und teilen durfte und mich zu Hause fühlen durfte, mitten in Afrika.

Zurück in Maputo, war inzwischen der Afghanistankrieg ausgebrochen und zurück in Rheinfelden begann die Sara an der Uni in Zürich und strahlte der Tim vor Freude, denn er hatte seine Traum-Doktorandenstelle am Max Planck Institut in Berlin bekommen und konnte zwei Wochen später schon dort anfangen. Marion strahlte weniger. Schon wieder so weit weg und so schnell!

Abgelenkt haben mich der liebe Besuch meiner ehemaligen Klassenkameradin Barbara und natürlich die Fotos der 3o Ferienfilme ( von 2 Wochen, ganz schön bescheuert, werdet ihr wahrscheinlich denken und vermutlich habt ihr recht!)!!!

Im Handumdrehen war es November und der Tim gut in Berlin gelandet. Auf einem zweiten Shibashi Kurs entschloss ich mich endgültig, an einem Weihnachtsprojekt unserer reformierten Pfarrerin mitzumachen, das mich schon seit August beschäftigte. Die Theatergruppe sollte das Weihnachtsoratorium „Im Schatten seines Friedens“ von Walter Hollenweger aufführen, und zwar im Heilig Abend 10 Uhr Gottesdienst . Meine Freude an der Aussage der Rolle, die ich bekommen sollte (Christa, eine heutige Evangelistin, die für Toleranz und Frieden eintritt ) und die Neugier, meine eigenen Grenzen zu erforschen - ich hatte schon in der Pantomimengruppe mitgespielt, hatte aber noch nie eine Sprechrolle -, waren am Ende grösser, als die Bedenken, evtl. Kirchgängern mit den provozierenden Texten und den Tanzeinlagen die Freude am beschaulichen Weihnachtsabend zu verderben. Es folgte eine sehr intensive Probezeit, während Achim mal wieder in Japan war. Gleichzeitig schrieb ich für unsere Kirchenzeitung einen Artikel zum Thema:“ Was bedeutet „Die Gute Nachricht“(Jesus, Neues Testament etc.) für mich.“ –Ich habe es mir nicht leicht gemacht, und heraus kam eine Art persönliches Glaubensbekenntnis, auf das ich richtig stolz war. Am Anfang des Glaubenskurses, vor einem Jahr nämlich, sollten wir eins schreiben, und ich hab das damals einfach nicht hingekriegt.

Ausserdem hatte ich im November noch ein extremes Unterhaltungsprogramm - erst durfte ich mit meinem jüngsten Patenkind Franziska zu meinem ersten Fussballspiel im neuen St. Jakobs Fussballstadion in Basel (Basel gegen Aarau, war lustig!), und dann mit ihrem Vater Stefan zu Wagners Siegfried im Züricher Opernhaus. Das war ein unvergessliches Erlebnis, ich war total begeistert vom Bühnenbild, den schauspielerischen Fähigkeiten der Sänger und überhaupt von allem.

Mit grosser Freude haben Achim und ich auch an der Wahlparty unseres Freundes Urs Felber teilgenommen. Er hatte sich um das Bürgermeisteramt beworben, war aber von seiner Partei, die sich grössere Chancen von einer Frau versprach, nicht aufgestellt worden. Da hat er allen Mut zusammengenommen, seinen Freundeskreis mobilisiert und es im Alleingang versucht. Als völliger Aussenseiter hat er es allen Unkenrufen und Partei-Intriegen zum Trotz wahrhaftig geschafft, Stadtamman von Rheinfelden zu werden. Dass so etwas machbar und möglich ist, macht richtig Mut und freut uns riesig. Nun wünschen wir ihm viel Glück und Geschick für die riesige Aufgabe.

Im Dezember kam ich dann doch an meine Grenzen, denn ich hatte mir vorgenommen, dass Weihnachten in der Familie nicht unter dem Theater -Sonderprogramm leiden darf. Als dann auch noch die 2 Rorategottesdienste pro Woche dazukamen, habe ich doch Angst bekommen, es nicht zu schaffen. Sie finden um 6 Uhr früh statt und ich nehme seit Jahren regelmässig mit Schülergruppen daran teil. Zu allem Ueberfluss war ich in den letzten beiden in der Weihnachtswoche auch noch für die Predigtgeschichte zuständig, dann ist vor Aufregung sowieso nichts mit schlafen in der Nacht. Trotzdem erstaunt es mich immer wieder, wie viel Spass ich beim Vorlesen habe und wie vielen Menschen meine Stimme und meine Aussprache gut tut. Da ist das Hochdeutsch, dass mich sonst eher isoliert, doch mal zu etwas gut! Und mit dem Trick, mich immer nur auf die kommenden paar Stunden zu konzentrieren, ging’s. Zwischendurch habe ich eben immer wieder versucht, einfach zu geniessen: die 2o Sorten Plätzchen backende Sara, das von Achim wunderschön mit Lichtern geschmückte Haus, meine grosse Krippenlandschaft, die sich im Advent täglich verändert („ Barby -spielen für über 5o-jährige“,lästert meine Tochter) und dieses Jahr um eine Bethlehem –Silhouette erweitert wurde, und sogar Jans Geburtstagsfeier mit Blatters und ein Weihnachtsabend mit Wiedmers hatten Platz.

Nachdem Tim am 22sten endlich heil hier ankam - er brauchte 24 Std. von Berlin aus, steckte ab neun Uhr abends 13 Stunden lang in einem 130 km langen Stau im Schneesturm bei Beyreuth- wir haben mitgelitten, als er anfing von Müdigkeit, Kälte, Durst und Hunger, und haben ihn die Nacht über per Handy moralisch zu unterstützen versucht - konnte es Weihnachten werden.

Wir hatten’s Heilig Abend sehr gemütlich mit allen Kindern und der Vati Oma, einem guten Essen, dem wunderschön geschmückten Baum , der Krippe und natürlich den spannenden Päckli.

Das Theaterstück um 10 Uhr wurde ein grosser Erfolg und eine wertvolle Erfahrung für mich. Nicht nur, dass da Begabungen zum Vorschein kommen, von denen man nichts geahnt hat! Unter grossem psychischem Stress auch mit für mich eher mühsamen Zeitgenossen zurechtzukommen und anständig umzugehen, daran bin ich bestimmt gewachsen.

Mit Max zusammen das Stück auf die Beine zu stellen, der trotz schwerer gesundheitlicher Probleme sich dennoch voll einsetzt, hat mich einiges gelehrt. Ich bewundere ihn sehr und bin seiner Frau Judith sehr dankbar für ihren Mut zu dem Experiment mit dem modernen Oratorium und ihre Konsequenz, allen Widerständen zum Trotz.

Die vielen Komplimente, die ich bekam, haben gut getan. In liebevoller Erinnerung aber bleiben mir vor allem kleine Begebenheiten am Rande, wie der Mann, der nach der Aufführung auf mich zustürzte und meinen Abschlusssatz als Christa: “Im Schatten Seines Friedens leben wir, wenn wir Freude haben, an denen, die anders sind als wir !“- so oft vorgesprochen haben wollte, bis er ihn auswendig konnte und ihn so mit nach Hause nehmen und weitergeben konnte.

Dann habe ich noch die feierliche Mitternachtsmesse in der kath. Kirche mitgesungen und am nächsten Morgen den Weihnachtsgottesdienst in der ref. Kirche mit dem Gospelchor und einem fetzigen Afrikanischen Weihnachtslied, das meine Freundin Edeltraut auf der Trommel begleitet hat - ein echter Ohrwurm!

Für mich war das Weihnachten eine runde Sache und für meine Familie anscheinend auch.

Anschliessend waren wir 2 Tage in Montana, kein grosser Erfolg, denn der arme Achim bekam ausgerechnet zu Weihnachten eine böse Grippe und konnte nicht mal mit dem Tim Skifahren.

Zu Sylvester verzog sich Tim mit Strassburg-Freunden in den Jura, Sara feierte mit Dominik in Montana, wir hatten’s hier mit Nachbarn lustig und Jan verschwand mit Freunden in eine abgelegene Skihütte in Graubünden. Zum Glück habe ich weder gewusst, noch gespürt, noch geahnt, dass er sich dort mit dem Beil beim Holzhacken ein Stück Finger der linken Hand abhacken würde und samt schneegekühltem Fingerteil, das zwei Freundinnen mitnahmen, die lange Abfahrt ins Tal zum Arzt mit dem Snowboard fahren würde.( Na, den Jan muss ich schon recht erfolgreich abgenabelt haben).. Öfter mal was Neues!

Aber im Jahr 2oo2 brauche ich so was eigentlich nicht mehr!!!

Auf der Wiese vor unserem Wohnzimmer ,auf der vor 2 Jahren noch so romantisch die Kühe weideten, spriessen übrigens jetzt Häuser wie Pilze aus der Erde. Eins steht, 5 sind ausgesteckt und 6 bis 7 fehlen noch. Langsam bin ich die ewigen Baustellen um uns herum leid, mit ihrem Krach und Dreck und sehne mich danach, dass unsere Ecke fertig bebaut ist. Aber vorläufig geht das Warten und Zittern weiter. Zittern, weil noch ungewiss ist, was da direkt vor unserem Wohnzimmer wachsen wird. Hoffentlich nicht das hohe Doppelhaus, das anfangs geplant war und das uns die gesammte Wintersonne nehmen würde, wegen der ich hier oben auf den Kapuzinerberg ziehen wollte.

An das Haus, das jetzt ganz nah vor unserem Esszimmer und der Frühstücksecke steht- zum Glück ein sehr schönes- und das mich anfangs fast erschlagen hat, habe ich mich schweren Herzens gewöhnt. Und auch mit den sehr zurückgezogenen jungen Nachbarn, die im Mai einzogen, bahnt sich zum Glück endlich eine nette Beziehung an.

Nun möchte wir noch mal allen danken, die Tim die Japanzeit durch Anteilnahme und Post erleichtert haben, allen, die sich aufgemacht haben und uns besuchen gekommen sind, vor allem meine Schulfreunde Wolfgang Steinig, Barbara Hecker-(Wagner) und Jocky Mentzel (auch, wenn wir uns leider verpasst haben, Jocky ) sowie Henk und Ali van der Maarel ( wir hoffen, wir können uns im neuen Jahr mal revangieren und nach Holland kommen) - und allen, die das Jahr über immer wieder für uns da waren.

Herzlichen Dank auch für all Eure Lebens- und Liebeszeichen. Seht mal, wie bunt allein meine Küchenwand aussah mit all Euren Postkarten aus aller Welt und Geburtsanzeigen

im nun vergangenen Jahr 2001, und da ist die viele , viele Weihnachtspost noch nicht mal dabei!

Ein gesegnetes, friedvolles, glückliches 2002

Achim, Marion, Tim –Christoph, Jan und Sara